Bundesrepublik:
Parlamentsvorbehalt von Kriegseinsätzen
Alarmierende Nachrichten von RTDeutsch - man hatte davon schon mal was
gehört, aber über die klammheimlichen Fortschritte wurde in den Staats- und
Wirtwschaftsmedien nie berichtet:
http://www.rtdeutsch.com/20200/inland/nie-wieder-krieg-von-deutschem-boden-bundesregierung-plant-abschaffung-des-parlamentsvorbehalt-bei-kriegseinsaetzen/
Auszüge:
Was seit Jahres medial
vorbereitet wird und auch durch Bundespräsident Joachim Gauck auf
höchster politischer Ebene vorangetrieben wird, soll nun auch gesetzlich
verankert werden: Die außenpolitische Wende Deutschlands hin zu einer
offensiven Kriegspolitik zur Durchsetzung von EU- und NATO-Interessen.
Da die Mehrheit der deutschen Bevölkerung für eine solche Politik nicht zu
haben ist und auch vom Parlament immer wieder Widerstände gegen deutsche
Kriegseinsätze zu erwarten sind, soll dieses nun ausgehebelt werden. Eine
Kommission, angeführt vom ehemaligen Verteidigungsminister Volker Rühe
(CDU) bereitet die Abschaffung des Parlamentsvorbehaltes gegen Auslandseinsätze
der Bundeswehr vor.
von RT Deutsch-Redakteur Florian Hauschild
“Vom deutschem Boden darf nie wieder Krieg
ausgehen”, sagte einst Bundeskanzler Willy Brandt. Nun ja, die Zeiten
haben sich geändert.
Deutschland solle doch besser wieder eine “aktivere” Rolle in der Welt spielen,
Kriegseinsätze dienen dabei vor allem dem Schutz vor terroristischen Gefahren
und zum Herbeiführen von “Demokratie” in den angegriffenen Ländern, so lautet
stattdessen immer wieder die Litanei bellizistischer Meinungsmacher und
politischer Entscheidungsträger.
Der Weg zu diesem Ziel führt über allerlei
präsidiale Sonntagsreden, in denen die Wende der deutschen Außenpolitik hin zum
offenen Militarismus in blumige Worte gepackt wird, den stattgefundenen Umbau
einer Verteidigungsarmee von “Bürgern in Uniform” hin zu einem Berufsheer
und über die gezielte materielle Aufrüstung der Truppe, wie sie
Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen seit ihrem Amtsantritt
umsetzt.
Da kommt es wenig gelegen, wenn andere
gesellschaftliche und politische Akteure – etwa das gewählte Parlament – im
Wege stehen.
Etwa wenn es mal wieder darum geht, andere Länder zu bombardieren, deren
natürliche Ressourcen für den Westen interessant sind, dort aber ein
kooperationsunwilliger Herrscher die Ausbeutung dieser Vorkommen durch die
NATO- und EU-Staaten verhindert.
Das westliche Wohlstandsmodell benötigt schließlich seinen Treibstoff. Zu viel
Demokratie stört da nur.
Mit gutem Grund und als Lehre aus der Geschichte gibt es in Deutschland
bezüglich Kriegseinsätze an denen das deutsche Militär beteiligt ist, den so
genannten “Parlamentsvorbehalt gegen Außeneinsätze der Bundeswehr”.
Jeder Kampfeinsatz der Truppe muss bisher von den gewählten Repräsentanten im
Bundestag diskutiert und abgestimmt werden.
Auch wenn sich die Parlamentarier hier in der Regel als willfährig erweisen und
die Kriegsvorhaben der Exekutive durchwinken, ist diese gesetzliche Regel ein
besonders wichtiges Instrument, um die Diskussion über Kriege die von deutschem
Boden ausgehen, überhaupt auf die gesellschaftspolitische Agenda zu setzen.
Auch können durch ein solches parlamentarisches Kontrollsystem Kriege durchaus
verhindert werden, wie es etwa das britische Unterhaus im August 2013 tat, als darüber abgestimmt wurde, ob sich Großbritannien an der Bombardierung
Syriens beteiligen sollte. Die Briten stimmten dagegen, anschließend ließen
auch die US-Amerikaner ihre Pläne fallen.
Wie der ehemalige Parlamentarische Staatssekretär (1988-1992) im
Verteidigungsministerium der Regierung von Helmut Kohl, Willy Wimmer,
bereits im Juni 2014 anmahnte, soll in
Deutschland nun dieser Parlamentsvorbehalt für Auslandseinsätze der Bundeswehr
gekippt werden.
Unter dem Vorsitz des ehemaligen Bundesverteidigungsminister Volker Rühe
(CDU) wurde bereits am 20. März 2014 “Kommission zur Überprüfung und Sicherung der
Parlamentsrechte” bei
Auslandseinsätzen der Bundeswehr gegründet, auch “Rühe-Kommission”
genannt. Das Vorhaben ist ebenfalls im Koalitionsvertrag der aktuellen
Regierung festgehalten.
Laut Rühe komme es darauf an,
dass sich die NATO auf Deutschland “verlassen” können müsse und “die gesicherte
Zurverfügungstellung der Fähigkeiten, die ich transnational nenne“ gesichert
wird. Wenn es nach Rühe geht, darf es künftig nie wieder vorkommen, dass
sich der Bundestag gemeinsamen Aktionen der Nato in den Weg stellt.
In einem Interview im Deutschlandfunk verkündete Rühe:
“[…] und ich denke,
es wäre gut, wenn die Bundesregierung, wenn das in der NATO abschließend
geregelt ist, ins Parlament geht und dem Parlament berichtet, in welche
Abhängigkeiten wir uns begeben haben und was von uns erwartet wird, wenn wir
die anderen nicht lahmlegen wollen. Das sollte das Parlament zustimmend zur
Kenntnis nehmen.”
Argumentativ zur Seite standen Rühe bei seiner Kampagne wenig überraschend
die deutsche Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen, Rühe-Kommissions-Mitglied Roderich Kiesewetter(CDU), Andreas Schockenhoff (CDU) (†) und Niels
Annen (SPD). So gab letzterer Beispielsweisezu Protokoll:
“Wenn sie [von der
Leyen] darauf abzielt, Kompetenzen des Bundestags an das Europäische Parlament
zu übertragen, denken wir in eine ähnliche Richtung.”
Wer die Struktur der EU kennt, weiß, dass das
Europäische Parlament jedoch wenig Mitspracherecht bei substanziellen
Entscheidungen hat. Diese werden vielmehr von der EU-Kommission und
verschiedenen Ministerräten getroffen, die am ehesten als Bürokraten-Junta
bezeichnet werden können.
Dass all diese Kriegsstrategen grundgesetzwidrig handeln, scheint
diese nicht weiter zu stören. Im Jahre 1994 urteilte das deutsche
Bundesverfassungsgericht über den Einsatz der Bundeswehr in Somalia ein Jahr
zuvor (BVerfGE 90, 286) in Bezug auf den
Parlamentsvorbehalt:
“Die auf die
Streitkräfte bezogenen Regelungen des Grundgesetzes sind – in den verschiedenen
Stufen ihrer Ausformung – stets darauf angelegt, die Bundeswehr nicht als
Machtpotential allein der Exekutive zu überlassen, sondern als ‹Parlamentsheer›
in die demokratisch rechtsstaatliche Verfassungsordnung einzufügen, d.h. dem
Parlament einen rechtserheblichen Einfluss auf Aufbau und Verwendung der
Streitkräfte zu sichern.”
Von deutschem Boden soll nie wieder Krieg ausgehen,
hieß es nach den Schrecken vor 70 Jahren. Wer allerdings glaubt diese Formel
sei gesellschaftlicher Konsens, der irrt.
Es gibt Entscheidungsträger und Meinungsmacher, die gezielt daran arbeiten,
dass dieser Leitsatz mehr und mehr zu einem frommen Wunsch verkommt. Sie
handeln strategisch und sie haben Namen.