Bundesrepublik Deutschland via Russland
„Gleiche Politik wie von Hitler“:
Willy Wimmer zu deutschem Russland-Kurs
© Sputnik/ Mikhail Voskresenskiy Politik 18:53 30.11.2016 (aktualisiert
10:44 01.12.2016) Zum Kurzlink 732468558320 Die deutsche Politik hat sich
völlig von den Fundamenten der Vergangenheit gelöst. Mit diesen Worten
kommentierte Willy Wimmer, früherer verteidigungspolitischer Sprecher der Union
und Ex-Staatssekretär beim Bundesverteidigungsminister, im Sputnik-Gespräch das
neue Positionspapier der CDU, das eine Verschärfung der Russland-Politik
vorschreibt. Herr Wimmer, Sie waren verteidigungspolitischer Sprecher der CDU/CSU. Dieses Positionspapier der CDU/CSU zu Russland ist ja quasi auch
verteidigungspolitisch. Hätten Sie das auch so präsentiert zu Ihren Zeiten?
Sputnik © Sputnik/ Igor Russak EU-Parlament verabschiedet
„Propaganda-Entschließung“ gegen Sputnik und RT Dieses Papier macht eigentlich
deutlich, dass sich die deutsche Politik unter der Bundeskanzlerin Merkel
völlig von den Fundamenten der Vergangenheit gelöst hat. Vor diesem Hintergrund
kann ich Ihnen durchaus sagen, dass wir jedenfalls zu der Zeit als die Bundesrepublik
Deutschland noch vertragstreu war und zum Nato-Vertrag stand und die Charta der
Vereinten Nationen geachtet hat, wir zu einem solchen Papier nicht fähig
gewesen wären. Ich habe gestern noch eine Aussage des ehemaligen Bundeskanzlers
Helmut Kohl in der Rhein-Zeitung, die in Koblenz erscheint, zur
Wiedervereinigung gelesen, und er versichert da der staunenden und auch
erfreuten Welt, dass von deutschem Boden aus nie mehr Krieg ausgehen würde.
Wenn man diesen Satz nur wiedergibt, dann weiß man wie deutsche Politik
verkommen ist. Und wir hätten so ein Papier der Verkommenheit mit Sicherheit
nicht formuliert. Die CDU/CSU scheint sich nun auch massiv bedroht zu fühlen von Russland und setzt in
ihrem Sicherheitskonzept in diesem Papier auf Aufrüstung und die Nato. Wenn man
das alles im Zusammenhang sieht, dann hat man sich in Berlin offensichtlich ein
eigenes Geschichtsbild zurechtgezimmert. Wenn das jemand anders gemacht haben
würde, würde man sagen, würde man ihn wohl fragen, ist wohl Vollmond gewesen,
als man so ein Papier geschrieben hat. Aber das ist nun mal die größte deutsche
Partei und sie stellt die Bundesregierung und wenn man dieses Papier in diesen
Zusammenhängen liest, ist diese Partei offensichtlich, meine Partei, zu einer
Partei verkommen, die eine Gefahr für die europäische Sicherheit darstellt, und
die nicht mehr in der Lage ist, die nationalen Interessen der Bundesrepublik
Deutschland wahrzunehmen und zu vertreten. Das sieht man ja nicht nur an der
Geschichtsfälschung, die in diesem Papier betrieben wird. ich will das an einem
Beispiel deutlich machen: Jeder, der noch klar im Kopf ist, weiß im
Zusammenhang mit dem Jahr 2008, dass es ein ziemlich durchgeknallter
georgischer Staatspräsident gewesen ist, der den Krieg um Ossetien angezettelt
hat. Wenn dann in dem Papier geschrieben wird, dass Russland Georgien 2008
überfallen haben würde, dann muss man sich ja fragen, in welcher Welt die
Autoren dieses Papiers überhaupt leben. Dass ist das eine. Das zweite, was man
in diesem Zusammenhang sagen muss, wir haben ja alle der Bundeskanzlerin im
Zusammenhang mit den Ereignissen in der Ukraine durchaus die Fähigkeit
zugeschrieben, jedenfalls den Ausbruch eines großen Krieges mitverhindert zu
haben. Wenn man das Papier jetzt liest, muss man ja davon ausgehen, dass die
Bundeskanzlerin, denn an ihr vorbei wird so ein Papier auch nicht im Entwurf
geschrieben, dass die Bundeskanzlerin dem Minsker Prozess die Grundlage
entziehen will und damit zur Destabilisierung Europas einen entscheidenden
Beitrag liefern will. Dmitri Peskow © Sputnik/ Sergey Guneev Kreml über
„Propaganda“-Resolution der EU: Russland zu Gegenmaßnahmen bereit Die Position
der CDU/CSU ist
widersprüchlich. Auf der einen Seite will man Handel treiben mit Russland, auf
der anderen Seite stellt man Russland als Aggressor dar. Das Papier beginnt mit
einem freundlichen Vorwort, dem dann sofort einen lange Aufzählung russischer
Schandtaten folgt. Für russische Ohren klingt das bestimmt nicht wie eine
Einladung zur Zusammenarbeit. Es ist intellektuell unredlich, was man da macht.
Wir sehen ja, die Politik gegenüber der Russischen Föderation seit der
deutschen Wiedervereinigung und da muss man ja die ganze Latte hinzuaddieren –
vom völkerrechtswiderrechtlichen Krieg gegen Jugoslawien über die Lüge mit dem
Irak-Krieg und und und, und es endet ja nicht zuletzt bei Libyen und Syrien.
Das ist ja das, was wir sehen, und damit einhergehend, eine völlige Veränderung
der Nato, und dann eine Dislozierung von Nato-Truppen unmittelbar an der
russischen Westgrenze. Mit dem, was wir seit vielen Jahren in Deutschland
machen, auch im Zusammenhang mit einer veränderten Nato, tragen wir heute an
der russischen Westgrenze wieder dazu bei, dass die gleichen
Konflikts-Szenarien wieder hochkommen, wie im Kalten Krieg, von dem wir alle
hofften, dass er vorbei und abgeschlossen sein würde. Das heißt, wir machen
eine Politik, die sich nahtlos an das anschließt, was im Kalten Krieg gewesen
ist, und wenn ich in Russland, in Moskau sitzen würde, und mir diese
Entwicklungen an der Westgrenze ansehen würde, dann würde ich doch mit
Sicherheit zu einem Schluss kommen: Das ist die gleiche Politik, die Adolf
Hitler und Napoleon betrieben haben, und in dieser Dimension können wir eine
Politik der guten Nachbarschaft, die wir uns ja alle 1990 bei der Charta von
Paris in die Hand versprochen haben, nicht betreiben. Gerade erst letzte Woche
hat die EU eine Resolution gegen russische Propaganda und Propaganda vom IS
verabschiedet, in ein und demselben Dokument übrigens. Die CDU/CSU scheint diese EU-Resolution nun
direkt umsetzen zu wollen. Einzelne Passagen in dem Positionspapier scheinen
direkt aus der EU-Resolution übernommen zu sein. Wir haben ja eine Situation,
das muss ich zu meinem Leidwesen und zu meinem Bedauern sagen, in meinem
eigenen Land, in Deutschland, wo gerade in der Zeit der Regierung Merkel mit
wechselnden Koalitionspartner den in Deutschland bestehenden Pluralismus in der
öffentlichen Diskussion und auch im Medienbereich aufgehoben worden ist, hier
wird in einer Art und Weise Mainstream getrommelt, dass man sich ja nur an
dunkle Zeiten der deutschen Geschichte erinnern muss, dann kann man das
beschreiben, was derzeit passiert. Und wir sehen, dass bis zu Papieren, die in
den Vereinigten Staaten im ‚Atlantic Council‘ formuliert und erarbeitet werden,
dass das eine durchgehende Linie ist, mit der wir es zu tun haben, und der Kern
dieser Linie, der ist sehr klar zu definieren. Die Russische Föderation hat
sich nach der Jelzin-Zeit dazu durchgerungen, für die Eigenbelange ihres Landes
eigenständig die Politik zu betreiben. Sie wollen in Übereinstimmung mit den
geltenden Regeln des Völkerrechts ein souveräner Staat sein, und genau diese
Haltung in Moskau wird vor allen Dingen durch die Führungsmacht des Westens,
durch die Amerikaner, mit den Briten, und jetzt massiv mit den Berlinern,
versucht aufzuweichen, Russland soll unter Kuratel gestellt werden. Anders kann
man auch die Formulierungen in diesem Entwurf nicht lesen, es wird alles getan,
um Moskau das politische Rückgrat zu brechen, und eines ist sicher: Das
passiert mit Moskau nicht. Ehemaliger Nato-Generalsekretär Javier Solana auf
der Internationalen Konferenz „Primakow-Lesungen“ in Moskau © Sputnik/ Ramil
Sitdikov Ohne Russland geht gar nichts - Ex-Nato-Chef Solana Die Einstellung
der CDU/CSU zu Russland
scheint sich schon von der Einstellung der SPD zu unterscheiden. Meinen Sie
Russland wird ein Wahlkampfthema werden? Wir müssen in der derzeitigen
Situation sehen, dass der einzige, der noch mit Verstand in der Berliner
Regierung die Dinge buchstabiert hat, was unsere deutsche Politik gegenüber der
Russischen Föderation betrifft, ist Außenminister Steinmeier. Da kann man eine
Menge dazu sagen, aber man muss feststellen, dass er jedenfalls vom Verstand
und von den deutschen Interessen im Zusammenhang mit einem großen Nachbarland
Gebrauch gemacht hat. Der wird jetzt aus dem Verkehr gezogen. Der außen- und
sicherheitspolitische Berater der Bundeskanzlerin, der eigentlich für die
Nato-Kriegs-Politik seit Solana stand und steht, geht jetzt nach New York. Ich
würde gern wissen mit welcher Zielvorgabe er dahin geht, aber damit ist eine
zweite, außen- und sicherheitspolitische Konstante in der Berliner Politik
weggenommen. Wir gehen, was die Politik gegenüber allen unseren Nachbarn
anbetrifft, auch der Russischen Föderation gegenüber, in eine außenpolitische
Zeit, die davon bestimmt ist, dass wir leere Felder in Berlin zurücklassen, und
da gehen in eine solche Situation solche Papiere hinein, und machen das ganze
brandgefährlich. Wir haben in den zurückliegenden Jahren, eine völlige Abkehr
von der Politik der Kanzler von (Konrad – Anm. d. Red.) Adenauer bis Gerhard
Schröder unter Einfluss von Helmut Kohl und Helmut Schmidt gehabt und wir haben
immer wieder darauf gelegt, mit unseren kleineren und größeren Nachbarn eine
gute Nachbarschaftspolitik zu betreiben, und auf sie zu hören, und sie als
gleichberechtigt zu empfinden. Das was die Bundeskanzlerin Merkel in Berlin
veranstaltet, ist die Rückkehr zur deutschen Hybris. Mir tut deswegen Berlin
leid, aber leider man muss sagen, das ist die Berliner Politik. Deutsche
Hybris, wie wir sie eigentlich im letzten Jahrhundert zum Schrecken der Welt
erlebt haben, und nie mehr erleben wollten. Helmut Kohl mit dieser Aussage zur
deutschen Wiedervereinigung, die ich eben wiedergegeben habe, hat zum Absurdum
geführt, und das ist gegen die Interessen des deutschen Volkes. Deutsche Medien
© REUTERS/ Thomas Peter „Medien auf transatlantischem Kurs“: Politexperte
Schulze zu „Putins Polit-Trojanern“ Zumindest scheint es in der CDU keine
„trojanischen Pferde des Kremls“ zu geben wie es sie laut einem Bericht des
amerikanischen Think Tanks „Atlantic Council“ in der SPD gibt. Wenn ich das
lese, und wenn ich das sehe, was offensichtlich deutsche Mitarbeiter des
‚Atlantic Council‘ da geschrieben haben sollen, dann kann ich nur sagen, das
erinnert mich wirklich an Joseph Goebbels. So wird Diffamierung betrieben,
somit werden die alle kalt gestellt oder sollen öffentlich diffamiert werden,
die noch für einigermaßen rationale Politik gegenüber unserem großen
Nachbarvolk stehen. Wenn man selbst den Bundeswirtschaftsminister oder ein
Vorstandsmitglied der Deutschen Bahn in die Kategorie ‚Trojanischer Pferde für
Moskau‘ rückt, dann kann ich nur sagen, dann ist doch der Weg zur Volksverhetzung
aufgegeben. ... Mehr:
https://de.sputniknews.com/politik/20161130313579684-willy-wimmer-cdu-strategiepapier/
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