Besuch bei Mumia

Trotz seiner angeschlagenen Gesundheit hat der schwarze Aktivist in der Haft

nicht aufgehört zu kämpfen

von Joseph Piette

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Die Solidaritätsgruppen für Oury Jalloh und Mumia Abu-Jamal berichten auf der Rosa-Luxemburg-Konferenz am 13. Januar 2018 über ihre Kämpfe. Der Bruder von Jalloh, Mamadou Saliou Diallo (3. von links), ruft zu einer Gedenkminute auf

Foto: Björn Kietzmann

 

Link zum Aufruf von Prison Radio: https://kurzlink.de/aufruf_mumia

Der aus Philadelphia stammende politische Gefangene Mumia Abu-Jamal sieht mit seinen 63 Jahren älter aus als er sollte. Aber wir erleben ihn so scharfsinnig wie immer. Zusammen mit Pam Africa von der Move-Organisation habe ich, Reporter der Workers World (die Zeitung der Workers World Party, jW), ihn am 8. Januar für mehr als drei Stunden besucht und mit Fragen überhäuft. Unser Gespräch fand im Besucherzimmer des Mahanoy-Staatsgefängnisses in Frackville im Bundesstaat Pennsylvania statt.

Mumia antwortete spontan auf all unsere Fragen, oft mit Sinn für Humor. Er verfügt über ein geradezu enzyklopädisches Wissen über alle möglichen Rechtsfälle, angefangen bei seinem eigenen Verfahren bis hin zu denen von Terrence Williams und anderen Gefangenen, zu deren Berufungsverfahren er manchmal inhaltlich beigetragen hat.

Es ist offensichtlich, dass Mumia nicht gesund ist. Er geht sehr langsam, vielleicht weil seine Füße sehr angeschwollen sind. Er trägt weiße Kordsamtpantoffeln, im rechten steckt sein Fuß ganz drin, um seine Ferse zu stützen. Aber den anderen Pantoffel Fuß verliert er hin und wieder, weil sein Fuß nicht hinein passt.

Unmittelbar vor unserem Besuch hatte Mumia sich 90 Sekunden lang mit ultraviolettem Licht bestrahlt und danach ein Bad genommen, wie es von den Ärzten der Gefängnisbehörde empfohlen wird. Seine Haut sah jedoch sehr trocken aus. Während wir uns unterhielten, kratzte er sich oft am Nacken, an der Brust, am Bein und an anderen Stellen. Er kann wegen des ständigen Juckreizes nicht schlafen. Teile seines Körpers wirken schuppig und dunkler als andere Bereiche. Als er sein Hosenbein hob, sahen wir seine schrecklich vernarbte Haut und anscheinend schwärende offene Wunden. Er sagte uns, dass er diese Wunden nicht zeigen darf, wenn Besucher sich mit ihm fotografieren lassen.

Mumia hat kaum noch Appetit, und er hat wieder etwas an Gewicht verloren. Nach zwei Stunden versteifte er plötzlich sein rechtes Bein, weil er starke Schmerzen im Knie verspürte, wie er sagte. Die Schmerzen ließen nach 15 Minuten wieder nach. Pam Africa erwähnte, dass dies auch bei ihrem letzten Besuch passiert sei. Mumia hustete mehrfach und klagte dann jedesmal über Schmerzen auf der rechten unteren Seite seines Brustkorbs und darunter.

Trotz seiner vielen Beschwerden lässt sich Mumia nicht unterkriegen. Mitten in einer sehr lebhaften Diskussion über die Sklavenbefreierin Harriet Tubman fingen wir drei an, den Refrain des Liedes der Bürgerrechtsbewegung »Ain’t gonna let nobody turn me around« zu singen.

Mumia ist seit über 36 Jahren zu Unrecht im Gefängnis, 30 davon in der Isolationshaft der Todestrakte. Dass die Gefängnisbehörde »Department of Corrections« von Pennsylvania bis heute seine schwere chronische Hautkrankheit nicht angemessen behandeln ließ, ist nichts anderes als Folter. Das ist ein weiterer Grund, warum er sofort aus dem Gefängnis freigelassen werden müsste.

Ich fordere alle dazu auf, den auf Prison Radio veröffentlichten Aufruf für eine angemessene medizinische Behandlung durch Anrufe bei den verantwortlichen US-Institutionen zu unterstützen!

Übersetzung: Jürgen Heiser

Übernommen vom New Yorker »International Action Center« (IAC)

Quelle: Junge Welt am 15.1.2018