Afrika kontra Kapitalismus:
Berliner
Rosa-Luxemburg-Konferenz 2018
von Dennis
Simon am 15.1.2018
© RT Deutsch
Wie jedes Jahr sind auch in diesem Januar Tausende Linke von Nah und Fern
nach Berlin geströmt. Ihr Ziel: Die 23. Rosa-Luxemburg-Konferenz. Hauptthema in
diesem Jahr war der Widerstand im schwarzen Kontinent gegen Imperialismus und
Kapitalismus.
Wenn in den Mainstreammedien Afrika überhaupt erwähnt
wird, ist es meist im Zusammenhang mit Naturkatastrophen, Hungersnöten oder
Bürgerkriegen. Stets erscheint der Kontinent als hilfsbedürftiges Objekt, für
den man am besten ein Paar Euro spenden sollte, um das eigene Gewissen zu
beruhigen, frei nach dem Motto: „Sobald das Geld im Kasten klingt, die Seele in
den Himmel springt“! Afrikaner erscheinen fast nie als Subjekte mit eigenem
Willen, eigenen Träumen und eigenen Vorstellungen.
Die Veranstalter der Rosa-Luxemburg-Konferenz setzten
mit ihrer Themenauswahl somit ein lobenswertes Zeichen gegen die mediale
Stereotypisierung des Kontinents. Soweit wie möglich luden sie Experten aus
afrikanischen Staaten selbst ein, um über ihre Probleme und mögliche
Lösungswege zu referieren.
Den musikalischen Auftakt der Veranstaltung bildete
die burundische Trommel- und Tanzgruppe Ingoma. Anschließend hielt der
nigerianische Umweltaktivist und Dichter Nnimmo Bassey einen Vortrag über die
Ausbeutung und Umweltverschmutzung internationaler Unternehmen in Afrika. Ihm
zufolge gibt es keinen wesentlichen Unterschied zwischen dem alten und neuen
Kolonialismus. Derzeit finde ein beispielsloser Landraub statt, bei dem private
Konzerne aus dem Globalen Norden untereinander um Ländereien in Afrika konkurrieren.
Die Regierungen der afrikanischen Staaten würden lieber den westlichen
Kapitalisten gehorchen, als ihren eigenen Völkern zu dienen.
Ein weiteres Problem sei, dass die Einfuhr von
Nahrungsmitteln aus westlichen Staaten nach Afrika die lokale Agrarwirtschaft
und die Eigenständigkeit der afrikanischen Staaten zerstöre. Die ausufernde
Rohstoffkonkurrenz, angefeuert durch internationale Unternehmen, führe zu
Gewaltausbrüchen. Der Imperialismus zerstöre die einheimischen, traditionellen
sozialen Netzwerke. Bemerkenswert sei, dass die Rohstoffausbeutung aber stets
fortfahre – unabhängig davon, ob es in der unmittelbareren Umgebung der Minen
gerade Kämpfe gibt oder nicht.
Westliche Unternehmen würden Afrika erbarmungslos
ausbeuten, ohne irgendwelche sozialen oder ökologischen Mindeststandards zu
befolgen oder zur Verantwortung gezogen zu werden. Er schilderte mit Beispielen
die zahlreichen Gesundheitsprobleme, Menschenrechtsverletzungen, die schlechten
Arbeitsbedingungen und die Zerstörung der lokalen Wirtschaft durch
internationale Unternehmen. Diese seien unter anderem an der Anstachelung
interethnischer Konflikte beteiligt.
Er schloss seinen Vortrag mit dem Satz, dass der
eigentliche Konflikt nicht zwischen den Völkern des Globalen Südens und des
Nordens ist, sondern zwischen ihnen und den internationalen kapitalistischen
Unternehmen. Auffallend war, dass Bassey als afrikanischer Umweltaktivist es
verstand, soziale, wirtschaftliche und ökologische Fragen zu verbinden und den
Gesamtzusammenhang zu erkennen – im Gegensatz zu den meisten selbsternannten
Umwelthütern in Deutschland.
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Clotilde Ohouochi, ehemalige Sozialministerin der
Republik Côte d’Ivoire (Elfenbeinküste), sprach direkter die politischen
Umstände der imperialistischen Einmischung in Afrika an. Ihr zufolge ist die
Unabhängigkeit afrikanischer Staaten in der Subsahara-Region beschnitten und
unvollendet. Frankreich etwa übe immer noch enormen wirtschaftlichen,
gesellschaftlichen und politischen Einfluss auf seine Ex-Kolonialstaaten aus.
Die Unabhängigkeit der afrikanischen Staaten sei – so Clotilde – ein „Witz“.
Bemerkenswert sei, dass die westlichen Verbündeten von Paris keinen Widerspruch
gegen die wiederholten französischen Militäreingriffe in Afrika erheben. Immer
mehr Afrikaner würden diese neokolonialen Praktiken ablehnen.
Der chinesische Wirtschaftsprofessor Ding Xiaoqin
bereicherte das Programm mit der Perspektive der chinesisch-afrikanischen
Zusammenarbeit. Er erklärte, dass in den vergangenen 20 Jahren der Austausch
zwischen den chinesischen Staaten und Afrika enorm angestiegen ist. Als
historischen Hintergrund erläuterte er, dass die Volksrepublik China schon seit
den frühen 1950er Jahren traditionell eine Politik der Freundschaft gegenüber
Afrika verfolgt. Seit dem Jahr 2009 sei China der größte Handelspartner des Kontinents.
Dies gefalle den westlichen Staaten natürlich nicht.
Daher würden sie versuchen, Reibungen zwischen der Volksrepublik und den
afrikanischen Staaten auszunutzen und zu provozieren. Der Professor war
zuversichtlich, dass die Kooperation zwischen dem asiatischen Giganten und
Afrika trotz den westlichen Sabotageversuche weiter gedeihen wird.
Die chinesische Führung bezeichne die Beziehungen mit
Afrika als „umfassende strategische Kooperation“. Diese umfasse drei Punkte:
Handel, Investitionen und Infrastrukturaufbau. Seit Anfang der 2000er Jahre
fördere Peking gezielt Investitionen chinesischer Unternehmen in Afrika.
Prinzipiell richte sich der chinesische Austausch mit Afrika darauf, die
nationale gesellschaftliche Entwicklung und Eigenständigkeit der afrikanischen
Staaten zu fördern. So würden chinesische Unternehmen etwa Projekte für das
Allgemeinwohl durchführen, etwa im Gesundheitsbereich. Ziel sei, die
Lebensqualität der örtlichen Bevölkerung zu erhöhen.
Es gebe allerdings auch gewisse Probleme, die vor
allem der Tatsache geschuldet seien, dass die meisten in Afrika tätigen
chinesischen Unternehmen im Privatbesitz seien. Strukturell seien die
Handelsbeziehungen einseitig, da chinesische Unternehmen vor allem industrielle
Fertigprodukte und die afrikanischen Staaten Agrargüter und Rohstoffe verkaufen
würden. Es gebe zudem zu wenig Kontakt zwischen den Mitarbeitern der
chinesischen Entwicklungsprojekte und der lokalen Bevölkerung. Einige
chinesische Unternehmen würden soziale und ökologische Standards sowie
Arbeiterrechte nicht genügend einhalten. Professor Ding war sich aber sicher,
dass diese Probleme behoben werden können.
Die chinesischen Investition in Afrika fördere die
lokale wirtschaftliche Entwicklung. Sie richte sich nach den Grundsätzen der
Gleichheit, des gegenseitigen Respekts und beidseitigem Nutzens. China und
Afrika verbinde die Tatsache, dass beide das Joch des westlichen Imperialismus
erlebt hätten.
Neben den oben genannten Rednern traten zahlreiche
weitere Gäste, Experten und Künstler auf, unter anderem der stellvertretende
Außenminister Venezuelas und Enrique Ubieta, ein kubanischer Philosoph und
Journalist. Insgesamt nahmen mehrere Tausend Interessierte an der Konferenz
teil, die mittlerweile zu einem festen Höhepunkt des Kalendariums der
bundesdeutschen Linken geworden ist.
Quelle: https://de.rt.com/1d3a