AMNESTY-BERICHT ÜBER DIE UKRAINISCHE KRIEGSFÜHRUNG
läßt Menschen an der Richtigkeit der Unterstützung der Ukraine zweifeln
Gegen den massiven Widerstand ihrer eigenen ukrainischen Sektion hat
die internationale NGO Amnesty International einen Bericht zu ukrainischen Kriegsverbrechen publiziert. Die
Reaktionen darauf kann man nur als pure Hysterie bezeichnen. Die Autorin des Berichts steht
mittlerweile als Feindin der Ukraine auf einer schwarzen
Liste, während die Chefin der ukrainischen AI-Sektion aus Protest ihren
Rücktritt einreichte. Es kann offenbar nicht sein, was nicht sein
darf. Der Ukraine-Krieg ist eine schwere Zerreißprobe für westlich orientierte
NGOs. Von Jens Berger.
Dass auch die ukrainische Seite Kriegsverbrechen begeht, mag für Menschen, die
sich ausschließlich über westliche Medien informieren, vielleicht überraschend
sein. Dabei gibt es sowohl von pro-russischer Seite als auch in den wenigen um
Neutralität bemühten Medien – wie beispielsweise der Nachrichtenplattform Al Jazeera – immer wieder Meldungen über Kriegsverbrechen
ukrainischer Militärs gegenüber russischen Kriegsgefangenen und auch die
ukrainische Praxis, Krankenhäuser, Schulen und zivile Wohngebäude als
Unterstand und Basis für aktive Kampfhandlungen zu benutzen, ist eigentlich gut
dokumentiert. C’est la Guerre;
so ist der Krieg. In der Praxis hat das Abschlachten von Menschen nun einmal
nicht viel mit der regelbasierten Theorie zu tun. Und das gilt für alle Seiten.
Dies ist eigentlich eine Binse. Doch diese Binse passt nun einmal nicht in die
westliche „Erzählung“ von einer als Bastion hoher westlicher Werte stilisierten
Ukraine, die sich gegen die „barbarischen Horden Putins“ verteidigt. In dieser
Erzählung bombardieren die Russen aus reiner Boshaftigkeit und Niedertracht
Krankenhäuser, Schulen und Wohngebäude. Hier der barbarische Täter, dort das
hochmoralische, integre Opfer. Diese Erzählung gerät jedoch ins Wanken, wenn
ihr nun mit Amnesty International eine westliche NGO, die sonst als Kronzeuge
für westliche Erzählungen gebucht ist, im Kern widerspricht. Denn wenn das
ukrainische Militär Krankenhäuser, Schulen und zivile Wohngebäude entgegen dem
Kriegsvölkerrecht als Stellungen für ihre Kampfhandlungen nutzt, provoziert man
natürlich deren Beschuss durch die russische Seite. Und dies ist keine
militärstrategische Frage, sondern Teil des Propaganda-Kriegs, der dazu dient,
den Westen und seine Bevölkerung immer tiefer in diesen Krieg hineinzuziehen.
So verging auch in den letzten Monaten keine Woche ohne eine Meldung in der
Tagesschau, dass Russland ein bestimmtes Krankenhaus, eine Schule oder dieses
oder jenes Wohngebiet völkerrechtswidrig unter Beschuss genommen habe. Für die
Strategen des Westens ist es daher höchst gefährlich, wenn diese Erzählung
kippt. Der böse Russe, der gute Ukrainer.
Nur so ist die blanke Hysterie zu verstehen, mit der vor allem ukrainische
Offizielle auf den AI-Bericht reagiert haben. Präsident Selenskyj
sprach von „Opfer-Täter-Umkehr“, sein Außenminister Kuleba
von „russischer Desinformation“ und ein Berater des Präsidenten unterstellte AI
gar, ein Propagandainstrument des Kremls zu sein. Auf einer Website, die von
einem hochrangigen Mitarbeiter des ukrainischen Außenministeriums betrieben wird und die eine umfangreiche schwarze Liste mit
vermeintlichen Kriegsverbrechern führt, ist nun auch der Name von Donatella Rovera aufgeführt,
der AI-Mitarbeiterin, die den Ukraine-Bericht erstellt hat. Sie soll russische
Propaganda verbreitet, das Recht der Ukraine auf
Selbstverteidigung geleugnet und sich so an einem humanitären Verbrechen gegen
die Ukraine beteiligt haben. Starker Tobak. Die Chefin der ukrainischen
AI-Sektion, die zuvor schriftlich festgestellt hatte, ihre Sektion hätte „alles
getan, um die Veröffentlichung dieses Berichts zu verhindern“, ist mittlerweile
zurückgetreten. Das Einstehen für Menschenrechte ist
offenbar nur dann integer, wenn es einseitig im Interesse des Westens
geschieht.
Dabei ist es grotesk, ausgerechnet Amnesty International vorzuwerfen, man sei
auf Seiten Russlands. Das Gegenteil ist der Fall. Dieser Bericht ist der erste,
der ausnahmsweise auch einmal die Kriegsverbrechen der Ukraine behandelt. Zu
den Tötungen und Folterungen russischer Kriegsgefangener hat sich AI
beispielsweise bis heute nicht geäußert. Selbst Rovera
gibt zu ihrer Verteidigung zu Protokoll, dass sie zuvor „dutzende Berichte über
russische Kriegsverbrechen“ erstellt habe, und wundert sich nun über diesen
„ziemlich außerordentlichen Akt von Selbst-Zensur“. Das ist freilich schon sehr
naiv und zeigt, dass sie die Funktion von Amnesty International für die
westliche Propaganda nicht wahrnehmen will oder nicht wahrnehmen kann.
NGOs wie Amnesty International leben von ihren Unterstützern und Spendern. Wer
AI fördert, ist meist ein überzeugter Anhänger der Überlegenheit
wertewestlicher Vorstellungen. Er will nichts über Kriegsverbrechen und
Menschenrechtsverletzungen des Westens hören, sondern eine NGO unterstützen,
die belegt, wie schlimm doch die Gegner des Wertewestens sind. In ihrer
Öffentlichkeitsarbeit leben NGOs wie Amnesty International davon, dass sie von
den westlichen Medien als „neutral“ dargestellt werden können. Natürlich sind
sie das nicht. Wenn nun eine als „neutral“ geltende NGO die westlichen
Erzählungen untergräbt, ist dies ein GAU. Wenn interne Konflikte bei Amnesty
International nahelegen, dass die Organisation sich selbst gar nicht als
„neutral“ begreift und sich nur allzu bereitwillig vor den ukrainischen
Propaganda-Karren spannen lässt, wäre dies sogar ein Super-GAU.
Im Westen wird man diese Posse daher mit großer Sorge betrachten. Ein
abweichender AI-Bericht könnte immer noch verschwiegen, relativiert und im
Zweifel als „Beleg“ für Amnesty Internationals
„Neutralität“ ins Feld geführt werden. Der hysterische Feldzug der Ukraine
gegen Amnesty erschwert dies jedoch. So wird es für den Westen immer schwerer,
die eigene Propaganda in Einklang mit den schrillen Tönen aus Kiew zu bringen.
Die Bastion hoher westlicher Werte geriete – für diejenigen, die diese
Erzählung immer noch glauben – so langsam ins Wanken. Und das ist gut so.